Die wahre Bedeutung von Ostern

Die folgenden Gedanken beginnen notwendigerweise mit der für viele konventionelle Christen ungeheuerlichen These, dass Jesus nicht am Kreuz starb, sondern diese Tortur überlebte und später dann mit seiner Frau Maria Magdalena und seiner Familie via Gallien nach Britannien floh. Besonders für die etablierten Kirchen sind das äußerst ungeliebte Themen. Denn würden sich diese Behauptungen als wahr erweisen, so hätte dies unweigerlich den Zusammenbruch des ganzen paulinischen Glaubensgebäudes, gleich welcher Konfession, zur Folge: Das Dogma von Jesus Christus als dem für die Menschheit gestorbenen Gottmenschen wäre dann nicht mehr länger haltbar. Doch kann Jesus nicht auch dann eine Inkarnation des Göttlichen Vaters, ein Gottmensch, gewesen sein, wenn er nicht den Tod am Kreuz auf Golgatha erlitt, sondern dieses Martyrium überlebte? Bei ernsthafter Überlegung gibt es wirklich gar nichts, was dagegen sprechen könnte!

Jesus bleibt auch dann noch ein Gottmensch, wenn er, wofür immer mehr Forschungsergebnisse sprechen, mit Maria Magdalena verheiratet gewesen sein sollte, und zwar deshalb, weil diese eine Inkarnation der Göttlichen Mutter war, somit ebenfalls ein Gottmensch. Aus dieser Ansicht resultiert letztlich auch ein neues, ditheistisches Gottesbild, in dem Gottmutter und Gottvater ihrem Ebenbild Frau und Mann in voller Harmonie das würdige Vorbild sind.

Die Magdalenenfrage ist auch deshalb von so großer Bedeutung, weil vieles dafür spricht, dass Maria Magdalena es war, die Jesus aus einer Art komatösem Zustand wieder in den Wachzustand zurückrief. Was die Frage nach dem Ehestand Jesu und seiner wahrscheinlichen Frau Maria Magdalena angeht, so habe ich dies ja bereits in meinen vorangegangenen Arbeiten Die Göttin des Christentums: Maria Magdalena (Norderstedt 2013), und Maria Magdalena und ihr Sohn Johannes Markus im Johannesevangelium (München 2015) in aller Ausführlichkeit behandelt. Wollte man dogmatisch denken, so läge wohl am ehesten die Schlussfolgerung nahe, dass nur ein Gottmensch einem anderen Gottmenschen das Leben wiedergeben kann. Doch lassen Sie uns lieber die Fakten und Möglichkeiten überprüfen und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen.

Aus all diesen Überlegungen heraus ist es nun also dringend notwendig, sich zuerst mit der Frage zu befassen, ob Jesus die Kreuzigung tatsächlich überlebt haben kann und inwieweit er von Maria Magdalena oder jemand anders wiederbelebt worden sein könnte. Für die Hilfen bei der Recherche hierzu danke ich ganz besonders der amerikanischen Priesterin und Theologin Pamela Lanides von der Yahoo-Gruppe „GoddessChristians“, eine sehr lobenswerte Vereinigung, in die Religion der Großen Mutter, besonders in ihren Facetten als Maria Magdalena und Sophia, in Einklang mit dem Christentum gebracht wird.

In Arbeit über Maria Magdalena aus dem Jahr 2013 hatte ich ja bereits einige diesbezügliche Überlegungen zum Thema angestellt, allerdings mehr auf Grundlage der Mythologie und Religionswissenschaft. Da Jesus Christus voll und ganz dem Typus des sterbenden Gottes, Osiris, Dumuzi, Tammuz, Dionysos oder Attis entspricht und dazu passend Maria Magdalena der Göttin Isis, Inanna, Ištar, Rhea/Athena oder Kybele, die ihren Geliebten vom Tode wieder auferweckt, lag es nahe, dass es sich auch im Falle von Christus genau so verhalten musste. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass auch im Hohenlied der Bibel, in der Erzählung von Sulamith und ihrem Geliebten, etwas in diese Richtung Gehendes zumindest angedeutet wird: Sulamith trägt ihren Geliebten ins Haus ihrer Mutter und rettet ihn damit (Hld 3,4).

Bereits Christa Mulack hatte einst in ihrer 1990 erschienen Arbeit etwas zaghaft die Möglichkeit eines den Kreuzestod überwindenden Jesus in Betracht gezogen, indem sie mit Bezug auf die den Salbtopf zum Grab Jesu tragende Maria Magdalena konstatierte, dass in der Heilkraft der Salben die Göttinnen anwesend sind.[1] Nachdem ich einst im Jahr 2001 zur Osterzeit in einer Sendung TV-Senders arte gehört hatte, dass man im Nahen Osten zur Zeit Jesu wegen des trockenheißen Klimas gar keine Totensalbungen vorgenommen habe, ergab sich daraus zwangsläufig die Frage, welche Funktion die Salben im Salbtopf, den Maria Magdalena zum Grab Jesu trug, dann gehabt haben müssen. Die Erklärungsmöglichkeit, die ich in GCMM bot, nämlich eine Dematerialisation mit anschließender Astralisation, war mehr ein Vorschlag und nicht wirklich zufriedenstellend. Mittlerweile aber haben sich, vor allem dank der Hilfe der amerikanischen Theologin und Priesterin der Kyrian Church, Pamela Lanides, weitere konkretere Ansätze ergeben. Die entscheidenden Fakten nun finden sich vor allem auf den Webseiten der konfessionsfreien Theologin Krishna Rose[2] sowie dem Gelehrten James Deardorff[3]:



Jesus hing nicht lange genug am Kreuz, um daran zu sterben

Glaubt man den heutigen Ärzten und Gerichtspathologen, so dauerte es 24 bis 48 Stunden, bis bei einem Gekreuzigten der Tod eintrat, und zwar unter der Voraussetzung, dass er so lange dort hängenblieb. Jesus hing aber, den biblischen Berichten zufolge, nur etwa vier bis sechs Stunden am Kreuz. Bei Markus ist von „der dritten bis neunten Stunde“ die Rede. Jesus wurde um die Mittagszeit gekreuzigt und beim Einsetzen der ersten Dämmerung abgenommen, kurz vor dem bevorstehenden, um sechs Uhr abends beginnenden Sabbat. Doch inwieweit war Jesus bereits vor der Kreuzigung geschwächt? Wenn man historischen Filmen glaubt, die oftmals darstellen, dass Jesus sein Kreuz auf dem Rücken durch Via Dolorosa Jerusalems getragen habe und von dieser Anstrengung total erschöpft zusammenbrach, so liegt man damit wohl falsch. Denn alle synoptischen Berichte stimmen darin überein, dass es ein Mann namens Simon aus Zyrene war, dem die römischen Soldaten diese Aufgabe übertragen hatten. Lediglich nach Johannes habe Jesus sein Kreuz selbst zur Schädelhöhe hinaufgetragen (Joh 19,17). Die Schilderung bei Johannes ist in diesem Punkt allerdings sehr knapp und wirkt nicht so authentisch wie die der Synoptiker, so dass man, was diese Szene angeht, ausnahmsweise diesen den Vorzug geben muss.

Ein weiterer Grund für eine Schwächung könnte die von Pilatus in Auftrag gegebene Geißelung Jesu sein, doch auch dies dürfte ihn kaum genügend geschwächt haben, um einen Tod am Kreuz nach etwa vier bis sechs Stunden wirklich ernsthaft in Erwägung ziehen zu können.

Der nächste Punkt ist der Stich in die Seite, der Jesus von einem römischen Soldaten mittels eines Speeres oder eines Schwertes zugefügt worden war. Oftmals findet man den Begriff „Lanze“, doch diese Waffe gab es – zumindest unter dieser Bezeichnung – erst ab dem frühen Mittelalter. Nun, in einem toten Körper sind definitiv keinerlei Körperflüssigkeiten mehr in Bewegung, doch als Jesus derart verletzt wurde, flossen Blut und andere Flüssigkeiten aus der Wunde. Folglich kann er zu diesem Zeitpunkt keinesfalls tot gewesen sein. Sollte das Turiner Grabtuch tatsächlich authentisch sein und das Antlitz Jesu abbilden, so beweisen die von geflossenem Blut zeugenden Flecken darauf, dass der hier Gekreuzigte noch am Leben war.

Nun, von Joseph Arimathäa entstand später die berühmte Legende, dass er das Blut des sterbenden Jesus am Kreuz aufgefangen haben soll. Abgesehen davon, dass ein blutender Jesus noch gelebt haben muss, wirft Val Wineyard an dieser Stelle ein: Ist es nicht eine bizarre Vorstellung, dass Joseph von Arimathäa, Maria Magdalena oder ein anderer Vertrauter Jesu das Blut des Gekreuzigten in einem Gefäß aufgefangen habe, um es als Erinnerung zu behalten? Nein, mit einem „Andenken“ hätte eine solche Tat sicher nichts zu tun! Wenn schon, dann wohl eher mit einem Ritual, welches später mit diesem Blut durchgeführt werden sollte, möglicherweise etwas Ähnliches wie bei der Hochzeit zu Kana, dem Hochzeitsfest von Maria Magdalena, wo wir ein Wunder, bei dem Wasser in Wein verwandelt worden sein soll, antreffen. Sollte damals tatsächlich ein derartiges Ritual stattgefunden haben, so stand es für die Vereinigung des Wassers (= Leben) und Wein als Symbol von Blut, ebenfalls ein Symbol des Lebens.[4] Es wäre denkbar, dass für die Zeit nach der Kreuzigung Jesu eine ähnliche Zeremonie, vielleicht in Erinnerung an die Hochzeit, geplant war. Eine wichtige Überlegung dabei ist auch die Frage, wie Joseph von Arimathäa überhaupt auf die Idee gekommen sein soll, einen Kelch zum Kreuz mitzunehmen! Denn das setzt voraus, dass er dort einen noch blutenden, also lebenden Jesus anzutreffen hoffte. Dem Kreuz durfte man sich erst nähern, wenn der Verurteilte abgenommen wurde, und in der Regel musste man davon ausgehen, dass dieser arme Mensch dann bereits tot war. Woraus speiste sich also die Hoffnung des Joseph von Arimathäa?



Die Geheimnisse der Sonne und Maria Magdalena

Aus der Zeit des Mittelalters, genauer gesagt dem 13. Jahrhundert, kennen wir die Katharer, die Glaubensgemeinschaft, von der zahlreiche Mitglieder und Freunde - Schätzungen reichen von 300.000 bis zu 1.000.000 - von den Schergen der Römisch-Katholischen Kirche gejagt, verfolgt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, eines der schrecklichsten Blutbäder der Menschheitsgeschichte. Doch während dieser Gräueltaten wurde ein erstaunliches Phänomen beobachtet: Die Katharer zeigten weder Angst, Wut noch Schmerz, sondern nur Entzücken! Grund dafür soll laut William Henrys Buch „Mary Magdalene: The Illuminator“ eine psychoaktive Substanz sein, die vom menschlichen Gehirn produziert wird, wenn man zuvor ein transformatives Mittel eingenommen hat. Die Essenz, von der hier die Rede ist, konnte mit Hilfe der Sonnenkraft hergestellt werden, denn sie hat einen starken Bezug zu den alten Sonnenlehren der Ägypter. Wenn Maria Magdalena, wofür manches spricht, tatsächlich einst eine Priesterin in Ägypten war, bevor sie Jesus begegnete, dürfte sie das Rezept für die Herstellung gekannt und an ihn und die Essener weitergegeben haben. Später gelangte es als gut gehütetes Geheimnis zu den Culdees, den Gnostikern, den Merowingern, den Katharern und zu den Templern, vermutlich auch zu den Rosenkreuzern - genau den Traditionen, die sich als Nachfahren von Maria Magdalena und Jesus Christus ansahen beziehungsweise das Göttlich-Weibliche besonders in ihrer Person verehrten.

In meinem Buch „Die Göttin des Christentums: Maria Magdalena“ stellte ich die Hypothese auf, dass Maria Magdalena einst nach Britannien gelangte und dort von den Druiden und Priesterinnen als Personifikation der Göttin Bride verehrt wurde. Bride (oder Brigid) war die Tochter von Dana, die man in Schottland Annat nannte, und die keltische Dana hat ihren Namen von der einzigen wahren Sonnengöttin des Nahen Ostens, der skythischen Diana. Bride ist die Göttin von Feuer und Licht, und was anderes ist die Sonne? In der Offenbarung 12,1-18 finden wir die mit der Sonne bekleidete Frau, die vor dem Drachen fliehen muss. Der Verfasser schreibt hier in metaphorischen Worten ganz offensichtlich von Maria Magdalena, die verfolgt wurde und fliehen musste. Denn wie der renommierte englische Theologe Laurence Gardner festhielt, kann es sich bei der Sonnenfrau nicht um die Mutter Jesu handeln: Im Rahmen der Recherchen zu seinem Buch „Hüterin des Heiligen Gral“ hatte Gardner eine diesbezügliche Anfrage an den Heiligen Stuhl in Rom gesandt - und von dort die Antwort erhalten, dass die Sonnenfrau der Apokalypse nicht Maria von Nazareth sein könnte aufgrund der Schmerzen beim Gebären! Folglich muss es sich bei ihr um Maria Magdalena handeln.

Wie wir sehen, hat Maria Magdalena also ganz klare Bezüge zur Sonne, die sich in den besagten Zusammenhängen widerspiegeln. Man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass diese Frau in den gnostischen Mythen, besonders der Pistis Sophia, sehr oft als Lichtfrau erscheint und sie als die inkarnierte Liebe gilt. Dies lässt sich wiederum gut auf die Sonne, die Licht und Wärme (gewissermaßen das Feuer der Liebe) spendet, deuten. Man darf deshalb nun mit gutem Recht die Frage stellen, ob es sich bei dem vermeintlichen Öl in Maria Magdalenas vermeintlichen Salbgefäß nicht weniger um Salböl, als vielmehr um die besagte „Sonnenessenz“, von der hier die Rede war, gehandelt haben könnte!



Die Vortäuschung von Jesu Tod

Mit dem Mittel, das ich eben als „Sonnenessenz“ bezeichnet habe, sind die Möglichkeiten allerdings bei weitem nicht ausgereizt. Es entspricht voll und ganz dem jüdischen Brauchtum, einem zum Tode Verurteilten Wein und gewürzte Kräuter wie Myrrhe oder Mohnblume zur Schmerzlinderung zu verabreichen, was in der Form eines speziellen Tranks geschah. Bei den verwendeten Pflanzen werden unter anderem genannt der Oscherstrauch (Calotropis procera, syn: Asclepias procera, Asceplias gigantea), Arten des Schöll- oder Scharbockskrauts oder Feigwurz (Asclepias acida), und auch eine indische, als Soma bekannte Mixtur, welcher im Hindu-Volksgauben als eine Dreiheit aus Gott, Pflanze und Getränk geführt wird. Bekannt ist auch das so genannte Judenkraut, ein magischer Trank mit der Eigenschaft, einen Menschen in einen kataleptischen, dem Tode sehr ähnlichen Zustand zu versetzen. Dieser scheinbare Tod, der durch das Judenkraut herbeigeführt wird, ist eine Form von Koma, die dem Tiefschlaf gleicht. Sämtliche Lebenszeichen wie Atmung, Herzschlag und Pulsschlag sind dabei nicht wahrnehmbar. Eine Einflößung dieses Judenkrauts in Jesus hätte die perfekte Voraussetzung dafür geschaffen, den römischen Soldaten den Tod Jesu vorzuspiegeln, um sie dazu zu bewegen, ihn vom Kreuz zu nehmen, auf dass er später wiederbelebt werden konnte. Nun, im Talmud der Juden gibt es eine Stelle, die da lautet: „und sie gaben dem, der hingerichtet werden sollte, eine kleine Menge Weihrauch in einem Becher Wein, damit er das Bewusstsein verliere“ (Sanh 43a). In den biblischen Stellen wird zwar kein Becher genannt, doch die Verabreichung des Judenkrauts war möglicherweise mittels des Schwammes geschehen, der dort erwähnt wird, und mit dem die Soldaten Jesus Essig zu trinken gegeben haben sollen, um ihn zusätzlich zu peinigen. Könnte es nicht sehr gut sein, dass der Schwamm in Wahrheit mit dem Judenkraut-Trank oder etwas in der Wirkweise Vergleichbaren vollgesogen war? Voraussetzung dafür ist natürlich die Bestechung eines der römischen Soldaten, was für einen reichen Verwandten wie Joseph von Arimathäa indes kein Problem gewesen sein dürfte. Und auch Maria Magdalena, die uns an mancher Stelle als reiche Frau überliefert ist, dürfte mit Sicherheit über die nötigen Mittel und genügend Einfluss dafür verfügt haben. Auf jeden Fall bietet ein Schwamm mit Judenkraut, das Jesus zu sich nahm, eine plausible Erklärung dafür, warum er nach wenigen Stunden, beim Einsetzen der Dämmerung, vom Kreuz genommen und zur Grabstätte gebracht wurde.



Medizinische Salben für einen Toten?

Nun, nachdem Jesus in seine Grabkammer, eine mit einem Felsblock verschlossene Gruft, gelegt worden war, brachte Joseph von Arimathäa Gefäße mit Zubereitungen aus Aloe und Myrrhe. Aloe verwendete man zur Entgiftung, Linderung von Entzündungen, Behandlung von geschundener Haut, Ausschlag und Wunden. Myrrhe war ein gutes Schmerzmittel. Warum aber sollte man diese Medizin einem Toten zukommen lassen? Joseph von Arimathäa, Nikodemus und seine Helfer hatten angesichts des anbrechenden Sabbats wahrscheinlich nur noch Zeit, die Vorarbeit für Maria Magdalena und die Frauen zu leisten. Diese hatten – je nachdem, ob man Markus oder Lukas glauben will – bereits weitere Salben gekauft beziehungsweise bereitet. Maria Magdalena eilte dann, je nach Bibelstelle allein oder mit Begleiterinnen, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Gruft, wo Jesus lag. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass der wahre Ostermorgen vermutlich der Samstag war, nicht der Sonntag. Denn Jesus soll „am dritten Tage“ auferstanden sein. Wilhelm Hartke zufolge dauerte ein jüdischer Tag entgegen der landläufigen Meinung nicht 24 Stunden, sondern 12, das heißt immer von 6 Uhr bis 6 Uhr, egal ob Tag oder Nacht. Der erste Tag war somit vom Freitagmorgen bis Freitagabend, der zweite „Tag“ von Freitagabend auf Samstagmorgen, und der dritte die Zeit ab Samstag, 6 Uhr morgens![5] Nun, eine derartige Eile am Tagesanbruch des Ostermorgens muss dringend nötig gewesen sein, in erster Linie wohl, um Jesus endgültig aus seinem komatösen Zustand wiederzubeleben, und wahrscheinlich auch, um ein am Frühlings-Äquinoktium übliches Ritual der Großen Göttin durchzuführen. Denn wie ich in meiner vorigen Arbeit „Maria Magdalena und ihr Sohn Johannes Markus im Johannesevangelium“ darlegte, war Maria Magdalena einst eine Priesterin der Taubengöttin Ashima auf dem Berg Samaria, und auch wenn sie diese Tätigkeit auf dem Berg Garizim mit der Heirat Jesu niedergelegt haben mochte, so ließ sie es sich doch sicher nicht nehmen, von Zeit zu Zeit ein Ritual ihres alten Glaubens durchzuführen, gerade bei einem so bedeutenden Anlass, an dem der Geliebte der Großen Göttin nicht nur zeremoniell, sondern diesmal auch historisch, im wahrsten Sinne des Wortes, aus der Unterwelt geholt und das Leben wiedergegeben wurde!



Hatte Jesus die Augen offen, als er vom Kreuz genommen wurde?

Die Autorin Val Wineyard weist in ihrer Arbeit über Rennes-les-Bains, den Nachbarort von Rennes-le-Château, dem Zentrum der Magdalenenverehrung, darauf hin, dass sich in der Region des Languedoc, Südfrankreich, nahe der Pyrenäen, drei kunsthistorische Spuren Spinden, die darauf hinweisen, dass Jesus die Kreuzigung überlebt haben könnte:[6]

In der Basilika von St. Maximin existiert ein Bild, auf dem Jesus vom Kreuz genommen wird und dabei die Augen offen hat – ein Zeichen, dass er noch lebte! Einen Jesus mit geöffneten Augen finden auch in der Kirche in Esperaza. Dort ist es eine Statue, die ihn in der Gruft darstellt. Eine weitere Statue derselben Art gibt es in der Kirche von Campagne-sur-Aude. Antonius von Padua nimmt dort Jesus vom Kreuz, und Jesu Augen sind auch hier offen! Bei diesen Bildnissen, die ab dem 8. Jahrhundert entstanden, handelt sich zwar um keine Beweise, dass Jesus die Kreuzigung überlebte, wohl aber um Zeugnisse, dass in dieser Region – alle Ortschaften liegen im Languedoc – ein Glaube daran bestanden haben muss. Hier starb Jesus nicht für die Sünden der Welt, sondern überstand das Martyrium am Kreuz als Lebender. Der Languedoc ist genau das Gebiet in Südfrankreich, wo Maria Magdalena im Volksglauben geradezu als Göttin der Fruchtbarkeit und des Wassers verehrt wurde!



Welche Rolle spielten Pontius Pilatus und seine Frau Claudia Procula?

Pontius Pilatus, der Statthalter von Israel, hat allgemein kein gutes Image, weil er sich aus der Verantwortung stahl und es den Israeliten überließ, ob Jesus oder Barabbas zum Tode am Kreuz verurteilt werden sollte (Mt 27,11-26). Trotzdem gelten Pilatus und seine Frau in der von Johannes Markus – Maria Magdalenas Sohn! –gegründeten Koptischen und in der Griechisch-Orthodoxen Kirche als Heilige, und in der Äthiopischen Kirche haben sie einen gemeinsamen Feiertag.[7] Bei Pilatus geschah dies deshalb, weil er Sünden schwer bereut haben soll. Procula aber soll die Frau gewesen sein, die sofort zu Joseph von Arimathä und den JüngerInnen geeilt war und ihnen mitgeteilt haben soll, dass Jesus vom Kreuz genommen worden war, und zwar unverzüglich, nachdem dies geschehen war. Die Botschaft dürfte gewiss die wichtigste Nachricht überhaupt enthalten haben: Dass Jesus noch lebte! Joseph begab sich darauf sofort zur Gruft, um Jesus mit den Salben medizinisch zu versorgen, bevor der Sabbath begann. Eine rituelle Totensalbung nach jüdischer Sitte hätte keineswegs einer solchen Eile bedurft.

Laut Mt 27,19 hatte Procula in der Nacht einen furchtbaren Traum, und am Tag der Verurteilung sprach sie zu Pilatus: „Lass die Hände von diesem Mann, er ist unschuldig. Ich hatte seinetwegen heute Nacht einen schrecklichen Traum.“ Sicher hatte sie, anders als die JüngerInnen, die sich aus Angst vor Verhaftung verstecken mussten, Gelegenheit, der Kreuzigung selbst beizuwohnen oder sich von Dienern darüber informieren zu lassen. Denn solange Jesus noch lebend am Kreuz hing, musste die Obrigkeit natürlich befürchten, dass Rebellen eingreifen und versuchen würden, ihren Herrn zu retten. Als Jesus dann vom Kreuz abgenommen wurde, muss Procula oder ihr Informant bemerkt oder zumindest gehofft haben, dass Jesus noch am Leben war. Denn wie schon gesagt, war die Zeitspanne, die Jesus am Kreuz hing, viel kürzer als bei anderen Gekreuzigten, und insofern gab es durchaus berechtigten Grund zur Hoffnung, dass Jesus das Martyrium überlebt hatte. So ergibt es auch einen Sinn, dass sie sogleich zu Joseph von Arimathäa und den JüngerInnen eilte, um die Neuigkeit zu überbringen. Dies kommt umso mehr in Frage, wenn der Tod Jesu, wie weiter oben festgestellt, tatsächlich vorgetäuscht wurde.

Nun, wie schon festgestellt, wurde die Koptische Kirche im Jahr 50 von Johannes Markus gegründet. Wie ich in meiner vorigen Arbeit erarbeitete, war dieser mit einiger Wahrscheinlichkeit der Sohn von Maria Magdalena und Jesus.[8] Und Johannes Markus und seine Nachfolger hatten offenbar Gründe, Pontius Pilatus und seine Frau heilig zu sprechen!

Aus jüdischer Sicht wollte Satan die Kreuzigung verhindern, damit Christus nicht zum Erlöser werden konnte; aus christlicher Sicht ist es umgekehrt: Hier musste die Kreuzigung stattfinden, eben damit Jesus zum Erlöser der Menschheit werden konnte! Davon abhängig ist oftmals auch die Sichtweise auf Procula und Pilatus. Doch beide Auffassungen spiegeln spätere Glaubensformen, die auf das Geschehen projiziert wurden, wobei die Lehren und Dogmen den menschlichen Aspekt verkennen. Am Anfang stand ursprünglich einfach nur die Angst einer Frau um einen Mann, den sie als heilig erkannt hatte, und daraus entsprang ihr Traum und das Gespräch mit ihrem Mann, mit dem sie Jesus zu retten hoffte. Bei Tertullian (Apologeticum 21) wird erläutert, dass Pilatus innerlich ein Christ war, und laut der Gesta Pilati II § 1 teilt Pilatus den Juden Proculas Traum mit, worauf diese antworten, sie als gottesfürchtige Proselytin zu ihnen gehöre. Auf die Warnung allerdings reagieren sie zurückhaltend und zweideutig.[9] Dem Apokryphon Gesta Pilati aus dem 4. Jh. ist Procula also nicht Christin, sondern jüdische Proselytin. Ihr Traum ist nicht von Satan, sondern von Jesus – aber einem Jesus, der mit Satan im Bunde stehe! Laut Christianus Druthmar (9. Jh.), stehen Pilatus und Procula auf Jesu Seite, und Judas erwartet einen günstigen Ausgang des Prozesses. Ähnlich auch Paschasius Radbertus, doch für diesen ist Pilatus auf der Seite des Bösen. Beiden Exegeten zufolge aber beruht Mt 27,19 auf Göttlichem Wirken.[10]

Origenes deutet an, dass Procula gläubig sei, Hilarius behauptet es sogar, und bei Hieronymus hat Satan nichts mehr mit ihr zu tun, ist außerhalb jeder Diskussion. Auch Ambrosius schließt sich dieser Ansicht an und sieht sie positiv.[11]

Augustinus stellt Procula als Gegenbild Eva gegenüber, wie sonst nur Maria der Frau Adams gegenübergestellt wird![12]

Für einen dämonischen Ursprung von Proculas Traum sind: Heliand, Hrabanus Maurus, Bernhard von Clairvaux, Nikolaus von Lyra und Luther.

Für einen Göttlichen Ursprung sind: Radbertus, Druthmar, Origenes, Hilarius, Hieronymus, Ambrosius, Augustinus, Calvin, Maldonatus, Cornelius a Lapide und Bivarius.

Festzuhalten bleibt auf jeden Fall das Bestreben verschiedener sowohl christlicher als auch jüdischer Richtungen, vor allem Claudia Procula in ein positives Licht zu setzen, teilweise auch Pontius Pilatus.

Erwähnenswert ist auch die Reaktion des Dichters Wilhelm Raabe auf eine Predigt des Dorfpfarrers von Göttingen, Gustav Frenssen, in einem Dankesbrief vom 25.05.1900. Raabe schreibt: „Sehr leid hat mir in Ihren Predigten die Art und Weise gethan in der Sie die edle Römerin verkannt haben. Meines Erachtens gehört sie vollständig zu den Weibern die den Galiläer durch sein angenehmes Jahr begleiteten: Ein Jahrhundert später würde sie im Cirkus gestanden haben.“[13] Zurecht weist Fascher darauf hin, dass Raabe sogar in einem Dankesbrief(!) es wagt, eine solche Kritik zu äußern. Das gilt umso mehr, wenn man weiß, dass Raabe sehr zart besaitet und gewiss mit einer seherischen Gabe ausgestattet war. Und noch bedeutender wird die Aussage, wenn man die Charateristika Frenssens von Procula zu verstehen sucht, auch wenn es sich dabei um eine Dorfpredigt handelt. Und so tut Fascher am Ende seines Essays seine Meinung klar und deutlich kund mit der Frage, die da lautet: „Hat er (Raabe) nicht recht?“

Karl Heinrich Venturius, Autor eines zweibändigen Werkes über das Urchristentum, stellt die Vermutung an, dass Joseph von Arimathäa, als er Jesus vom Kreuz nahm, unerwartete Hilfe von Pilatus und Procula bekommen habe.[14]

Der Fachbuchautor Ernest Renan mutmaßt, dass, einer Tradition zufolge, Jesus eine Fürsprecherin in Procula gehabt habe. Die Frau des Pilatus soll ihn erblickt haben, vielleicht vom Palastfenster aus, und sei von dem sanften Mann sehr angetan gewesen sein. Und er weist auf das relativ freundliche Verhör hin, welches Pilatus mit Jesus führte. Offenbar war auch er von Jesus beeindruckt, vielleicht auf vorausgegangenem Einwirken seiner Frau. – Schließlich gibt es noch den Film aus dem Jahr 2004 „The Passion of Christ“, handelt von dem Versuch, Jesus zu retten, den Claudia unternommen haben soll, und damit letztlich scheiterte. Danach habe sie die Mutter Jesu und Maria Magdalena Trost gespendet...[15]

Pontius Pilatus und Claudia Procula hatten einen Sohn namens Piso, der leider verkrüppelt war. Es gibt viele Legenden, denen zufolge Jesus auf die Fürsprache von Maria Magdalena hin den Klumpfuß des kleinen Jungen heilte. Diese Legenden sollen sogar aus den Erinnerungen von Jesu JüngerInnen stammen! In jedem Fall legen sie nahe, dass das Ehepaar Pilatus und Procula mit den AnhängerInnen Jesu und ihm selbst bekannt war. Und wenn man die Heilung des kleinen Piso als wahr ansieht, wäre es dann nicht naheliegend, dass, wie Wineyard vermutet, Claudia Procula und Maria Magdalena Freundinnen wurden?[16]

Szenerien, in denen Claudia Procula gemeinsam mit Verwandten oder JüngerInnen Jesu geschildert werden, finden wir in der Literatur sehr reichhaltig. Das Thema hat die Menschen sehr beschäftigt! Und warum bekam Joseph von Arimathäa überhaupt so schnell die Genehmigung von Pilatus, Jesus vom Kreuz zu nehmen? Denn nach nur wenigen Stunden, die Jesus am dort gehangen war, konnte kein vernünftiger Mensch davon ausgehen, dass er bereits verstorben war. Ein pflichtbewusster Statthalter musste sicherstellen, dass der Verurteilte wirklich tot war und nicht mehr entfliehen konnte. Denn die Folgen eines verurteilten und gekreuzigten, plötzlich aber wieder lebenden Gottessohnes, der wieder unter dem Volk weilte, hätten leicht Aufstände sein können und Pilatus damit sein Amt kosten können – wenn nicht noch mehr! Nun, Procula und ihr Mann Pilatus verkehrten natürlich in den höheren Kreisen der Gesellschaft von Jerusalem, daher auch mit der Familie von König Herodes, der von Jesus in Lk 13,31-32 als Fuchs bezeichnet wird. Zu den Herodianern gehörte auch Johanna, die Frau von Herodes’ Steuereintreiber Chuza. Johanna gehörte bekanntlich zu den Frauen, die Jesus gemeinsam mit Maria Magdalena, Susanna und Anderen mit ihren Besitztümern unterstützten (Lk 8,1-3). Wineyard zufolge ist es wahrscheinlich, dass man auch Claudia Procula zu diesem Kreis zählen kann. Zu der Gruppierung der AnhängerInnen Jesu aus den höheren Gesellschaftsschichten gehörte auch Joseph von Arimathäa.[17] Das Petrus-Evangelium, verfasst um die Mitte des 2. Jahrhunderts, nennt diesen Joseph einen Freund des Pilatus und des Herrn. Ferner schreibt es besonders den Juden die Schuld an Jesu Tod zu.[18]

Überblickt man diese ganze Kette von Wahrscheinlichkeiten, wäre es da nicht allzu verständlich anzunehmen, dass die Frau von Pilatus aus diesen Gründen zur Fürsprecherin Jesu bei ihrem Mann wurde und Genehmigung für Joseph von Arimathäa zur raschen Abnahme Jesu vom Kreuz überhaupt kein Problem darstellte?



Jesu Pflichten nach der Kreuzigung

In den Schriften finden wir die Voraussage, dass der Messias die Kranken heilen, die Blinden sehend machen, die Toten auferstehen lasse und den Gottlosen predigen würde, um danach getötet zu werden und wieder aufzuerstehen. Des weiteren ist vorhergesagt, dass er den verlorenen Stämmen von Juda predigen und sie wieder vereinigen würde. Von vielen dieser Stämme wusste man, dass sie sich mittlerweile in Indien angesiedelt hatten. Deshalb gibt es eine sehr große Wahrscheinlichkeit, dass Jesus nach seiner Auferweckung zuerst diese Aufgabe in Angriff genommen hatte und mit seiner Familie nach Indien gereist war. Dafür spricht gewiss auch die Tatsache, dass eine Familie in Srinagar (Kaschmir) im Besitz einer Ahnentafel ist, worauf eine „Maryan“ (ind. „Maria“) aus einem Schafzüchterdorf im Tal von Pahalgam als Jesu Frau verzeichnet ist.[19] Nun sollte man allerdings nicht den Fehler machen, aufgrund der Tatsache, dass sich dort auch eine angebliche Grabkammer Jesu findet, nicht annehmen, dass er dort geblieben wäre. Denn es ist wahrscheinlicher, dass die Familie, nachdem ihre Pflichten erfüllt waren, sich wieder in Richtung Westen wandte und in Richtung Gallien und Britannien reisten. Denn für diese Annahme gibt es wesentlich mehr Anhaltspunkte als für einen Tod Jesu in Indien. Und damit gelangen wir zu den Anhaltspunkten, die uns von der hohen Wahrscheinlichkeit der Reise von Maria Magdalena, Jesus sowie ihren Kindern in den Westen Europas zeugen. Mit diesem Thema wird sich mein nächstes Buch befassen!

Anmerkungen

[1] Mulack, Christa: Jesus, der Gesalbte der Frauen, Stuttgart 1990, S. 107.

[2] http://krishnarose.blogspot.de/2012/02/jesus-after-crucifixion-india-evidence.html; Zugriff: 09.11.2014

[3] http://www.proaxis.com/~deardorj/legends.htm#II , Zugriff: 09.11.2014

[4] Siehe Mailahn, Klaus: Maria Magdalena und ihr Sohn Johnannes Markus im Johannesevangelium, München 2015, AbschnittVon Wasser zu Wein”, S. 88ff.

[5] Mailahn 2015, S. 26.

[6] Wineyard, Val: The sacred river of Rennes-les-Bains: Histories, mysteries, saints, sinner, treasure, Canet d’Aude 2014, S. 207f.

[7] Wineyard 2014, S. 214f.

[8] Mailahn 2015.

[9] Fascher, Erich: Das Weib des Pilatus; Sammlung; Matthäus 27,19; Die Auferweckung der Heiligen, Halle/S. 1951, S. 11f.

[10] Fascher 1951, S. 9f.

[11] Fascher 1951, S. 12ff.

[12] Fascher 1951, S. 19.

[13] Fascher 1951, S. 31; Fehse 1940, S. 342.

[14] Wineyard, Val: Claudia Procula, Wife of Pontius Pilate, Friend of Mary Magdalene, Canet d'Aude 2013, S. 7.

[15] Wineyard 2013, S. 8.

[16] Wineyard 2013, S. 23.

[17] Wineyard 2013, S. 23f.

[18] Wineyard 2013, S. 24f.

[19] Arminger, Margret: Die verratene Päpstin. Maria Magdalena, Freundin und Geliebte Jesu, Magierin der Zeitenwende, München 1999, S. 172f.